Von Trauer und Dankbarkeit

Hallo ihr Lieben,

Ich hoffe, es geht euch gut! Diesen Blogeintrag verfasse ich nicht mehr in Kambodscha, sondern schon zuhause in Graz. Letzten Montag habe ich noch auf der Demonstration Farm Gemüse gepflanzt und nicht geahnt, dass mein Freiwilligeneinsatz bald zuende sein sollte, fast fünf Monate zu früh. Am Montagabend ist der Beschluss des deutschen BMZs bekannt geworden, alle weltwärts-Freiwilligen aus ihren Einsatzländern zurückzurufen. Als Gründe wurden die schließenden Grenzen und die scheinbar schlechte medizinische Versorgung genannt. Das Freiwilligenprogramm der Jesuiten fällt auch unter weltwärts und so habe ich letzte Woche Dienstag direkt nach dem Aufstehen erfahren, dass ich Kambodscha umgehend verlassen muss. Ich hatte nur knapp fünf Stunden, um meine Sachen zu packen und mich von allen zu verabschieden, bevor ich abgeholt und nach Phnom Penh gebracht wurde. Wie ihr euch denken könnt, ist das viel zu wenig Zeit, um zu realisieren, was da gerade passiert. Schließlich bin ich aus meinem Leben dort komplett herausgerissen worden! Und ich war auch nicht bereit zu gehen: fünf Monate zu früh und mit einer ganzen Liste an Dingen, die ich noch machen wollte! Von den Kindern konnte ich mich leider nicht mehr verabschieden, weil am Tag davor alle Schulen geschlossen wurden. Das bricht mir ein wenig das Herz. Schließlich wollte ich meinen Abschied gut vorbereiten und ihnen in Ruhe erklären. Ich habe mir aber vorgenommen mit ihnen zu skypen und darauf freue ich mich schon jetzt. Der Abschied von all den anderen mir liebgewonnen Menschen war sehr emotional, aber schön. Sie haben innerhalb weniger Stunden ein paar Geschenke besorgt und mir kleine Briefe geschrieben, was mich wirklich sehr gerührt hat. Als ich mich dafür entschuldigte, selbst keine Geschenke für sie zu haben, hat Mr. Viseth, der Bauer auf der Demonstration Farm und, wenn man so will, mein Landwirtschaftslehrer, folgendes gesagt:

„You don’t have gifts for us, but we already have your heart.“

Und ganz ehrlich? Besser hätte er es nicht sagen können. All die Menschen dort, die mittlerweile meine Familie sind, werden immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben. Gleich wie Kambodscha im Allgemeinen: Ich habe ein Stück dieses Landes mitgenommen und im Gegenzug ein Stück von mir dort gelassen.

Jetzt bin ich mittlerweile seit ein paar Tagen wieder zuhause und ab und zu fühlt sich meine Zeit in Kambodscha wie ein Traum an. Es ist ein wenig surreal, wieder hier zu sein. Und ja, ich bin traurig, dass mein Abenteuer zu früh geendet hat. Aber ich bin einfach dankbar, dass ich das alles erleben durfte. Ich habe in diesen kanpp sieben Monaten so viel gelernt:

Wie man Reis planzt und erntet, zu khmer Musik tanzt und Pfeffersauce selbst macht; Was Montessoripädagogik ist, woraus man ökologische Pestizide macht und wie man khmer cake kocht; Wie Palmsugar hergestellt wird, das Frauenbild der kambodschanischen Bevölkerung aussieht und was der Unterschied zwischen einer Pagode und einem Tempel ist; Was zu den Zeiten der Khmer Rouge passiert ist und welche Auswirkungen es bis heute hat, welche buddhistischen Feiertage es gibt und wie ein Zusammenleben mit verschiedenen Religionen funktioniert; Ich habe kambodschanische Kinderspiele gelernt, welchen Tieren man besser aus dem Weg gehen sollte und welche Bedeutung traditioneller Khmer Tanz hat; Welchen Stellenwert Geld hat, wie viel Korruption passiert und wie die Kambodschaner und Kambodschanerinnen mit Problemen umgehen; Wie es ist, die Einzige mit einer anderen Hautfarbe zu sein, dass Karaoke kein Hobby, sondern ein Lebensgefühl ist und die meisten Insekten besser schmecken, als man denkt; Das man auch ohne Klopapier überleben kann, worauf man achten muss wenn man Lemongrass pflanzt und wie es ist, wenn man das Wasser aus der Leitung nicht trinken kann; Ich hab gelernt, dass TukTuks das beste Fortbewegungsmittel überhaupt sind und wie es ist, so richtig arm oder direkt von der Klimakrise betroffen zu sein. Aber ich hab auch gelernt, dass lächeln das Allerwichtigste ist, man sich über kleine Dinge riesig freuen kann und dass gemeinsames tanzen unterschiedliche Sprachen mehr als wett macht.

Für das alles bin ich so dankbar und das kann mir niemand mehr nehmen. Und ich weiß auch: Das wird nicht mein letztes Mal in Kambodscha gewesen sein…

okun cheran ~ vielen dank!
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Von Roten Khmer und Mangrovenbäumen

Nach dem ich so lange nichts mehr von mir hab hören lassen, gibt es jetzt zwei Beiträge knapp hintereinander. Ich möchte euch heute ein bisschen mit der Geschichte der Roten Khmer vertraut machen und über mein Zwischenseminar berichten.

Nach nur einer Woche zurück zu Hause ging es für mich auch schon wieder nach Phnom Penh. Dort traf ich einen Freund aus Graz, der gerade durch Asien reist und gemeinsam mit ihm und meinem Mitfreiwilligen Matze gingen wir ins Tuol Sleng oder auch S-21. Tuol Sleng ist heute ein Museum, war aber unter der Herrschaft der Roten Khmer von 1975 – 1979 das geheime Zentrum eines Netzwerkes von ca. 200 Gefängnissen. Die Insassen dort wurden auf brutalste Weise gefoltert, um Verbrechen zu gestehen, die sie nie begangen hatten und anschließend auf den Killing Fields vor der Stadt ermordet. Schätzungen zufolge waren um die 20.000 Menschen in Tuol Sleng eingekerkert und heute weiß man nur von 12 Überlebenden. Hier noch einige Informationen zu der Schreckensherrschaft der Khmer Rouge: Die Roten Khmer waren eine Guerillabewegung, die unter der Führung von Pol Pot an die Macht kam und das Ziel hatte, die Gesellschaft mit Gewalt in einen extremen Agrarkommunismus zu führen. So marschierten im April 1975 Truppen, die mehrheitlich aus Kindersoldaten bestanden, in Phnom Penh ein, riefen das „Demokratische Kampuchea“ aus und brachten die Stadtbevölkerung durch eine Lüge dazu, die Stadt zu verlassen. So wurden alle Menschen von den Städten aufs Land getrieben und viele überlebten die wochenlangen Märsche nicht. Die Überlebenden wurden gezwungen schwarze Einhaltskleidung zu tragen, jede Individualität wurde mit dem Tod bestraft. Die Menschen wurden zu härtester landwirtschaftlicher Arbeit gezwungen. Geld wurde abgeschafft, Gotteshäuser jeder Religion zerstört, Bücher verbrannt. Beinahe die gesamte intellektuelle Elite wurde umgebracht. Oftmals reichte es schon eine Brille zu tragen, eine Fremdsprache sprechen zu können oder weiche Hände zu haben, da dies dafür sprach, keine körperliche Arbeit zu verrichten. Ausländer und Minderheiten waren noch gefährdeter. Wer ein vermeintlicher Spion war oder sonst nicht in das Bild der Khmer Rouge passte, wurde samt Ehepartnern und Kindern umgebracht, damit es später keine Rachetaten geben konnte. Die „Massensäuberung“ wird auch als Autogenozid bezeichnet, da das eigene Volk umgebracht wurde. Es wurden ein Drittel (!!) der gesamten damaligen Bevölkerung umgebracht. Die Nahrungsversorgung brach durch Misswirtschaft und Fehlplanung zusammen. Im Jänner 1979 stürzten Truppen des wiedervereinigten Vietnams das Pol-Pot-Regime. Pol Pot versuchte von nun an aus dem Untergrund zu regieren und wurde dabei von Thailand, China und den USA unterstützt da sie seine Feindschaft mit Vietnam teilten. Die Khmer Rouge wurden auch nach der Besetzung durch Vietnam von den Vereinten Nationen als legitime politische Vertretung Kambodschas anerkannt.  Es würde zu lange dauern, hier nun zu beschreiben was in den folgenden Jahren geschah. Nur so viel: Viele der höchsten Khmer Rouge Offiziere, Pol Pot eingeschlossen, mussten sich nie einem Gericht stellen. Erst 2009 wurde der erste Prozess vor dem roten Khmer Tribunal eröffnet. 2010, 2012 und 2014 wurde einige namhafte Offiziere wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Roten Khmer sind nach Angaben von Beobachtern immer noch im Untergrund von Kambodscha aktiv, stellen aber für den bestehenden Staat keine unmittelbare Gefahr mehr dar.

So, ich hoffe, ich konnte dadurch etwas über die Roten Khmer aufklären, da ich selbst beispielsweise in der Schule nie etwas über sie gelernt habe und auch praktisch nichts über sie wusste, bevor ich hierhergekommen bin. Wie ihr euch denken könnt, war das Museum sehr aufwühlend und ich war froh, nicht allein dort hingegangen zu sein.

Aber wenden wir uns erfreulicheren Dingen zu: Am Montag ging es für Matze und mich nach Kampot zum Zwischenseminar. Dort waren außer uns noch 15 andere weltwärts-Freiwillige. Alle in meinem Alter oder ein wenig älter, deutsch und sehr lieb. Während des Seminars reflektierten wir über unsere bisherige Zeit hier in Kambodscha, sprachen über Kulturunterschiede und überlegten uns, was wir noch in unserer restlichen Zeit hier machen möchten. Noch wertvoller als die Seminareinheiten waren für mich aber die Gespräche mit den anderen Freiwilligen. Jeder Freiwilligendienst, jedes Projekt ist komplett unterschiedlich und es war toll, sich mit den Anderen auszutauschen. Auch der Seminarort war wunderschön, direkt an einem Fluss, auf dem wir auch kayakfahren waren und am gegenüberliegenden Ufer war ein Nationalpark mit schönen Bergen. Noch etwas war toll am Seminar: Davor habe ich mich nämlich schon sehr auf zu Hause gefreut, was ich zwar immer noch tue, aber jetzt bin ich noch motivierter, meine verbleibenden fünf Monate hier voll auszunutzen und intensiv zu erleben.

Ich hoffe, es geht euch gut!

Heute bin ich dankbar für den Frieden in Österreich, den ersten Regen seit Monaten und meine wiedergefundene Freude an meiner Zeit hier in Kambodscha.

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Von Wiedersehen und dem Meer

Hallo ihr Lieben,

Mein letzter Beitrag ist bereits zwei Monate her und seitdem unglaublich viel passiert. So hatte ich Besuch von meiner Schwester und meinem Schwager und das Zwischenseminar in Kampot hat stattgefunden. Aber alles der Reihe nach.

Anfang Februar gab es endlich das lang ersehnte Wiedersehen mit Teresa, einer meiner Schwestern und Florian, ihrem Mann. Ich habe die beiden in Phnom Penh vom Flughafen abgeholt und war erstaunlich emotional. Das hat mich überrascht, weil ich bis dahin eigentlich nicht wirklich Heimweh hatte. Aber in dem Moment, in dem ich sie wiedergesehen habe, ist mir wohl erst bewusst geworden, wie sehr ich sie vermisst habe. Wir haben unsere Reise in Phnom Penh gestartet und ein paar schöne Tage in der Hauptstadt verbracht. Danach ging es weiter nach Croap, was mir persönlich sehr wichtig war. So konnten Teresa und Florian den Ort kennenlernen, den ich hier mein Zuhause und die Menschen, die ich meine kambodschanische Familie nennen darf. Ich habe ihnen das Gelände gezeigt, sie waren in der Schule dabei und haben mit den Kindern gespielt, wir haben selbst Khmer Cake gemacht und uns auf der Demonstration Farm umgesehen. Zeitgleich waren auch Judith Behnen von der Jesuitenmission Nürnberg und Katrin Morales von der Jesuitenmission Wien zu Besuch, was mich sehr gefreut hat.

Nach Pursat ging es für uns weiter nach Siem Reap, wo wir vor allem Angkor besucht haben. Für mich war es bereits das zweite Mal, die beeindruckenden Ruinen zu sehen, dennoch haben sie mich, wie beim ersten Mal auch, komplett in ihren Bann gezogen. Außerdem war es spannend, mit Florian einen Architekten mit auf der Reise zu haben, der natürlich noch einmal auf ganz andere Dinge achtet. Abends ging es für uns noch in das Hard Rock Café Angkor, wo wir ein extrem gutes Live Concert einer Cover Rockband erleben durften und, mit dem gesamten Personal dort, zum Teil headbangend, abgegangen sind. Ein besonderer Tag!

Nach Siem Reap ging es für uns drei weiter nach Battambang, meiner Lieblingsstadt hier. Battambang zeichnet sich für mich vor allem dadurch aus, dass man zu Fuß gehen kann, ohne überfahren zu werden und, dass es dort ein verhältnismäßig großes Kulturangebot gibt. So gingen wir in eine Kunstaustellung und in den Zirkus. Beides kenne ich bereits und wollte es auch Tesi und Flo zeigen. Außerdem gibt es viele von NGOs geführte Shops und nette Cafés. Ein besonderes Highlight war für uns „Seeing Hands“, eine NGO, bei der man von blinden KambodschanerInnen massiert wird, die aufgrund ihrer Behinderung Schwierigkeiten hätten, einen Job zu finden.

Von Battambang aus ging es für uns dann einen ganzen Tag lang im Bus in den Süden nach Sihanoukville. Sihanoukville ist anders als jede Stadt, die ich in meinem Leben je gesehen habe. Ich wusste bereits aus Erzählungen, dass die Stadt seit ein paar Jahren von chinesischen Investoren praktisch aufgekauft wurde und überall Casinos und riesige Luxus-Resorts gebaut wurden. Die Ausmaße habe ich mir aber beim besten Willen nicht vorstellen können: Die gesamte Stadt gleicht einer einzigen, riesigen Baustelle und überall liegt Müll herum. Zum Glück hatten wir nicht vor dort zu bleiben, sondern fuhren mit dem Boot zum letzten Stopp unserer Reise: Koh Rong Samloeun, eine Insel im Golf von Thailand vor der Küste Kambodschas. Die Zeit auf der Insel war wunderschön: der Strand, das Essen, die lieben Leute, unsere gemütliche Unterkunft direkt am Strand… einzig und allein der Müll trübte meine gute Laune und so habe ich jeden Tag ca. 1 – 2 Stunden Plastik vom Strand eingesammelt. Das ist zwar nur ein Tropfen auf den heißen Stein aber jedes Stück Plastik, dass nicht in „meinem“ geliebten Meer landet, ist schon ein kleiner Erfolg. Zwei Highlights waren außerdem das Schnorcheln in einem wunderschönen Korallenriff und das nächtliche Schwimmen mit fluoreszierendem Phytoplankton. Wie immer, wenn ich am Meer bin, ist in mir wieder der Wunsch laut geworden, Meeresbiologie zu studieren…

Unsere bis dahin durch und durch schöne Reise bekam aber am Ende noch einen Dämpfer: Teresa hatte eine Lebensmittelvergiftung und so mussten wir, nach einer schlimmen Busfahrt von Sihanoukville nach Phnom Penh, dort ins Royal Hospital. Zum Glück hatten die beiden eine Reiseversicherung abgeschlossen, die für die Krankenhausrechnung und den um einen Tag verschobenen Flug aufkam. Ich bin sehr froh, dass das erst am Ende unserer Reise passiert ist. Dennoch habe ich mir solche Sorgen gemacht, dass ich darüber den Abschied verdrängt habe und dieser mich und auch Teresa und Flo ein bisschen überrumpelt hat. Auch wenn es natürlich nicht stimmt, bin ich nämlich, gefühlt alleine, zurückgeblieben und das für ein weiteres halbes Jahr. Trotz allem war es aber eine absolut schöne Reise: Wir haben viel erlebt und es war einfach toll, einen Teil meiner Familie um mich zu haben und über alles Erlebte reden zu können.

Damit es hier nicht zu lange wird, folgt mein Bericht über das Zwischenseminar in Kampot in einem separaten Blogeintrag in Kürze.

Heute bin ich dankbar für Teresa und Florian, das Schwimmen mit dem Leuchtplankton und, dass ich das alles hier erleben darf, das Schöne und auch das weniger Schöne.

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Von Sonnenuntergängen und neuen Freunden

Hallo ihr Lieben,

Ich hoffe, ihr seid alle gut im neuen Jahr angekommen. Seit meinem letzten Eintrag ist wie immer viel geschehen und ich will euch heute kurz erzählen wie ich Weihnachten und Silvester verbracht habe und was sonst noch so passiert ist.

Wie ihr bereits wisst, habe ich die Weihnachtsfeiertage in Phnom Penh in der Jesuitenmission verbracht. In dieser Zeit habe ich mehr als sonst an Daheim und meine Familie und FreundInnen gedacht, schließlich war es für mich das erste Weihnachten, das ich allein weg von zu Hause verbracht habe. Wirklich allein war ich aber allerdings nicht, schließlich war ich ja in der Jesuitenmission und dort gibt es viele liebe Menschen. An Heiligabend selbst habe ich auch noch mit meiner Familie geskyped und sogar mit ihnen Weihnachtslieder gesungen, was sehr schön war und gut gegen das zarte Heimweh geholfen hat. Am 25. hatten wir dann gleich zwei Geburtstage zu feiern, den von Jesus und den von Bruder Noel, der 80 Jahre alt geworden ist. Wir haben eine schöne Messe auf Khmer besucht und dann in der Jesuitenmission Partyspiele gespielt, die mich stark an Kindergeburtstage erinnert haben: Wir wurden in Teams aufgeteilt und Bruder Noels Team hat verdienterweise gewonnen : ) Alles in allem waren es also wirklich schöne Weihnachten.

Silvester dann habe ich als Anlass genutzt, ein bisschen über das vergangene Jahr zu reflektieren und bin zum Schluss gekommen, dass 2019 das ereignisreichste Jahr meines Lebens war. Vieles ist passiert worauf ich stolz oder wofür ich dankbar sein kann. Den Silvesterabend habe ich dann ganz gemütlich mit Borey, Vanny und Vannys Freund Heang verbracht. Als es 00:00 war, haben alle unsere Handys andere Uhrzeiten angezeigt, also haben wir einen Countdown improvisiert, uns umarmt und sind schlafen gegangen. Alles in allem also nicht spektakulär, aber voll okay. Khmer New Year ist übrigens im April und da ist dann anscheinend drei Tage lang Party angesagt.

Anfang Jänner ist Irmgard zu Besuch gekommen! Zur Erinnerung: Irmgard ist Montessorilehrerin und jene Frau, die die Schule hier gegründet hat. Sie kommt jedes Jahr einmal hier her, um ein Teacher Training abzuhalten und dieses Jahr hat sie gleich noch ein paar ihrer SchülerInnen, den Zivi und ihren Sohn Johannes mitgenommen. Beim Teacher Training kommen um die zwanzig LehrerInnen aus dem ganzen Königreich und werden in einer Woche näher mit der Montessoripädagogik vertraut gemacht und können auch eigenes Material herstellen. Ich habe mich seit Monaten auf diesen Besuch gefreut und es war wirklich schön sie wiederzusehen. Es war eine intensive, aber sehr schöne Woche. Intensiv deshalb, weil es schonmal anstrengend sein kann, wenn zusätzlich zu zwanzig Kindern noch einmal 30 Personen in der Schule sind und ich viel auch außerhalb meiner Arbeitszeiten zu organisieren hatte. Das habe ich aber an sich gern gemacht und außerdem viel Neues gelernt. Auch sonst habe ich mich richtig gut mit den Kindern bzw. Jugendlichen verstanden, wir waren wieder beim Wasserfall, haben ganz spontan eine Pizzaofen gebaut und sind zur kambodschanischer Musik abgegangen. Letzteres zählt übrigens weiterhin zu meinen Lieblingsbeschäftigungen hier.

Irmgards Sohn Johannes wird für ein Jahr hier in Croap bleiben, um diverse Projekte umzusetzen und zum ersten Mal habe ich dadurch eine realistische Chance, meine Vision eines plastikfreien Croaps Wirklichkeit werden zu lassen. Johannes hat da nämlich ähnliche Vorstellungen wie ich und gemeinsam mit den anderen MitarbeiterInnen können wir denke ich Stück für Stück unsere Ideen wahr werden lassen. Außer Johannes haben wir noch einen weiteren Zugang: Khun. Sie ist die Tochter eines Mitarbeiters, neunzehn Jahre alt und nun auch meine neue Mitbewohnerin. Sie war selbst mal Schülerin in Soriya und wird morgens helfen, die Kindergartenkinder zu unterrichten. Das ist toll, weil sie alle Materialien kennt und zudem ein sehr lieber Mensch ist. Ich freue mich sehr, jetzt mit ihr eine neue Mitbewohnerin und Freundin zu haben.

Ansonsten hat sich auch ein bisschen mein Arbeitsalltag verändert: Ich arbeite nicht mehr fünf Tage in der Schule sondern hab auch jetzt Zeit, meine anderen Projekte umzusetzen. So gebe ich jetzt dreimal pro Woche den Frauen der Womens Group Englisch Unterricht, arbeite bei der Planung des Cafes mit und werde in Zukunft hoffentlich auch auf der Demonstration Farm helfen können.

Heute bin ich dankbar für Johannes und Khun, den Pizzaofen und die irre schönen Sonnenuntergänge.

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Von Advent und Abschieden

Hallo ihr Lieben,

Ich hoffe, es geht euch gut! In der letzten Zeit ist viel passiert von dem ich euch jetzt erzählen möchte. 

Anfang Dezember ist Maries Mutter aus Frankreich zu Besuch gekommen und die beiden sind etwas durch Kambodscha gereist. Auf ihrer Reise waren sie noch einmal drei Tage in Croap und dann wurde es auch schon Zeit Baba zu sagen. Marie ist es wirklich schwergefallen, sich von allen hier und von Kambodscha im Allgemeinen zu verabschieden und so sind viele Tränen geflossen. Auch mir ist der Abschied schwergefallen – schließlich ist Marie zu einer echten Freundin für mich geworden und ich werde sie sehr vermissen! Den Abschied erleichtert aber hat die Tatsache, dass wir schon ausgemacht haben, uns gegenseitig zu besuchen, wenn ich wieder in Europa bin und auch, dass Marianne, die Schweizer Volontärin, da war. Marianne ist Lehrerin und hat einen Teil ihrer Bildungskarenz dazu genutzt, für fünf Wochen in Croap zu helfen. Für mich war es sehr schön, jemanden zu haben, mit dem ich mich auf Deutsch über alles austauschen konnte. Es war auch mal wieder nett, mit jemanden im Alter meiner Eltern zusammenzuwohnen und auch beispielsweise gesagt zu bekommen, man solle im Bett bleiben, anstatt aus reinem Pflichtbewusstsein krank arbeiten zu gehen. Marianne ist außerdem handwerklich begabt und so haben wir ein kleines Projekt gestartet: Sie hat den Kindern in der Schule, den Frauen der Women’s Group und auch mir häkeln beigebracht und wir haben dann den Versuch gestartet, weggeworfene Plastiksackerl zu sammeln, zu waschen, in Streifen zu schneiden und damit Untersetzer oder ähnliches zu häkeln. Fotos davon gibt es unten. Es wäre toll, wenn ich dieses Nachhaltigkeits Projekt weiterführen könnte und wir dann die Untersetzer und ähnliches im Café auf der Demonstration Farm verwenden könnten.

Außerdem hatten wir jetzt für zehn Tage Besuch von einer großen Gruppe Medizinstudenten und Studentinnen aus Singapur und Phnom Penh, die in die umliegenden Dörfer gehen und über Krankheiten und Hygiene aufklären. Die Gruppe war sehr lieb und es war schön, das sonst doch eher ruhige Projekt so voller Leben zu sehen. Zum Abschied haben sie uns noch einen erste Hilfe Koffer und Medikamente dagelassen, worüber ich mich wie ein kleines Kind gefreut habe. Den Kindern passieren beim Spielen nämlich immer mal wieder kleine Unfälle und ich konnte nicht mal die kleinsten Wunden verarzten, weil die einzige medizinische „Ausrüstung“ die wir haben, Paracetamol ist. Das ist noch so ein kleines Projekt von mir: Ich würde es toll finden, wenn wir unsere Möglichkeiten an medizinischer Erstversorgung verbessern würden: mehr Erste-Hilfe-Koffer, Defis, ein Erste-Hilfe-Kurs für alle MitarbeiterInnen… Mal sehen, was sich da machen lässt 😉

Dieser Advent war definitiv anders als sonst. Es ist etwas skurril, Fotos von Freunden am Glühweinstand zu sehen, während man selbst bei über 30 Grad unter einer Palme sitzt. Dennoch sind immer mal wieder kleine Adventsmomente aufgeblitzt: so habe ich beispielsweise einen Adventskalender von meiner Mama bekommen, bunte Lichterketten wurden aufgehängt und beim Khmer Cake backen haben wir Remixes von Weihnachtsliedern gehört – mit unglaublich viel Bass.

Da in Croap Weihnachten nicht wirklich gefeiert wird, wurde ich vor ein paar Wochen von Bruder Noel eingeladen, die Weihnachtsfeiertage in Prieb So, der Jesuitenmission in Phnom Penh zu verbringen. Dieser Einladung bin ich gerne gefolgt und bin jetzt schon seit Donnerstag hier. Am Donnerstag musste ich mich leider auch schon wieder von Marianne verabschieden. Ich werde sie und ihre tatendurstige Art vermissen. Am Freitag hatte ich außerdem die Möglichkeit, auf dem Weihnachtsausflug der MitarbeiterInnen der Jesuitenmission mitzufahren: Es ging in einen Nationalpark mit wunderschönen Pinienwäldern! Dort durfte ich auch die Erfahrung machen, dass man beim Überreichen von Weihnachtsgeschenken eine ordentliche Ladung an Babypuder ins Gesicht geschmiert bekommt – als Segen.

A propos Segen – wir befinden uns ja gerade in der schönen Zeit des Advents, den ihr hoffentlich alle bisher nicht nur als hektische, sondern auch achtsame Zeit erlebt habt. Da Weihnachten vor der Tür steht, möchte ich dies als Gelegenheit nutzen und euch hier nochmal auf das Spendenkonto meines Jahrgangs aufmerksam machen. Vielleicht habt ihr ja ganz im Sinne der Weihnacht die Möglichkeit, etwas für die tollen Projekte zu spenden.

Wie genau ich Weihnachten verbracht habe, lest ihr dann schon im nächsten Jahrzehnt (Oag, oder?).

Bis dahin wünsche ich von ganzem Herzen Frohe Weihnachten, eine schöne Zeit mit den Menschen, die euch wichtig sind und einen guten Rutsch!

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Von weißer Haut und dem Mond

Hallo ihr Lieben,

Heute erzähl ich euch ein bisschen über meine bisherigen Erfahrungen als weiße, junge Frau hier, und welche Rolle meine Hautfarbe in meinem Alltag spielt. Weiter unten gibt’s dann ein paar allgemeine Updates.

Wo fange ich nur an? In der Schule beispielsweise fragen sie mich immer mal wieder nach meiner Meinung oder Ideen, die ich gerne mit ihnen teile. Manchmal muss ich sie aber daran erinnern, dass ich keine ausgebildete Lehrerin bin, sondern selbst gerade erst fertig mit der Schule. Ab und zu kommt es sogar vor, dass eine der Lehrerinnen mich fragt, ob es in Ordnung ist, wenn sie eine Pause machen. Dann muss ich sie dann erinnern, dass sie meine Chefin ist und nicht umgekehrt. Auch sonst werden Marie und mir manchmal Dinge zugetraut, die wir gar nicht können, bloß, weil von uns als Ausländerinnen erwartet wird, dass wir sie können. So sollten wir ihnen beispielsweise Budgetpläne erstellen und eine Bibliothek planen. Als wir dann auch noch gebeten wurden, eine Liste mit Dingen zu zusammenzustellen, die wir brauchen, um ein Dach zu reparieren, habe ich Klartext geredet und gemeint, dass ich dafür schlicht unqualifiziert bin. Ich habe erklärt, dass ich mich als Volontärin gerne einbringe so gut ich kann, aber keine spezifische Ausbildung habe und viel mehr von ihnen lerne als sie von mir.

Eigentlich gelingt die Begegnung auf Augenhöhe mit den Menschen in meinem Projekt sehr gut, auch, weil ich ja wie andere direkt im Projekt wohne und auch Teile meiner Freizeit mit ihnen verbringe. Mit Menschen außerhalb des Projekts, die mich nicht kennen, funktioniert das weniger. Die sehen nur, dass ich weiß bin. „Barang“, hör ich manchmal, wenn ich durch die Straßen gehe, „fremd“. Die Blicke sind sowieso immer da. Wenn wir BesucherInnen im Projekt haben, kann es passieren, dass sie sich mehr für Marie und mich interessieren als für andere MitarbeiterInnen. Das ist unfair. Wir arbeiten kürzer hier als alle anderen und trotzdem wurden wir beispielsweise von Mitgliedern der lokalen Regierung eingeladen, beim Water Festival in der Ehrenloge zu sitzen und den Bootsrennen zuzusehen. Dafür haben wir nichts weiter getan, als weiß zu sein und das fühlt sich einfach nicht gut an.

Mir werden aufgrund meiner Hautfarbe bestimmte Eigenschaften zugeschrieben. Kurz: Vorurteile. Damit musste ich mich bisher in meinem Leben noch nicht von dem Standpunkt der Betroffenen auseinandersetzen, weil ich bisher immer an Orten war, wo Menschen mit weißer Haut die klare Mehrheit bildeten. Die Vorurteile, die mir begegnen, sind die meiste Zeit positiv, oder sogar vorteilhaft für mich. Ich empfinde das als so unfair. Wie alle Menschen auf dieser Welt kann ich nichts für die Farbe meiner Haut, es war nicht meine eigene Leistung, weiß zu sein. Nur als Weiße begegnen einem hier fast ausschließlich positive Vorurteile, Menschen mit anderen Hautfarben müssen oft mit ganz anderem Gerede klarkommen. Wie kann das sein? Weiße Menschen sind in so ziemlich jede Ecke der Welt gefahren und haben andere Menschen unterdrückt. Trotzdem ist es hier und an vielen Orten der Erde definitiv ein Vorteil weiß zu sein. Das kann ich nur schwer nachvollziehen.

Klar ist es eine Art Luxusproblem, mit „guten“ Vorurteilen konfrontiert zu sein. Meine Hautfarbe ist ein Vorteil, kein Nachteil. Ich mag aber das Gefühl nicht, etwas zu bekommen, das ich nicht verdient habe. Ich möchte aufgrund meines Handelns Möglichkeiten eröffnet bekommen und nicht wegen der Farbe meiner Haut.

Das wird sich aber nicht so schnell ändern und ich denke ich muss einfach lernen, damit klarzukommen.

Aber genug davon, was gibt es sonst so Neues? Die Schule ist endlich losgegangen! Zuvor sind wir in verschiedene Dörfer gefahren und haben für unsere Schule Werbung gemacht. Am 6. November hatten wir schließlich unsere Opening Celebration und am Tag darauf gings auch schon los. Mein Fazit: 15 drei- bis fünfjährige sind unglaublich süß und unglaublich anstrengend. Daran werde ich mich aber denke ich schnell gewöhnen und ich freue mich schon darauf, mit den Kindern zu arbeiten. Mit den älteren Kindern im Volkschulalter am Nachmittag in der Enrichment Class ist es sowieso etwas ruhiger 😊 Ansonsten habe ich erfahren, dass noch eine Volontärin kommt: Eine Schweizer Sonderschullehrerin wird für eineinhalb Monate hier in Croap leben, was bestimmt eine Bereicherung wird. Außerdem gibt es ein paar Neuigkeiten von meinem Müllprojekt: die Trennung von Bioabfall und anderem Müll funktioniert mittlerweile fast immer und nächste Woche habe ich dann meinen Plastikworkshop bei dem wir hoffentlich gemeinsam ein paar weitere Maßnahmen beschließen können.

Zudem war in den letzten Tagen hier das Bon Om Touk, das „Festival of the water and the moon“ was sich für mich ziemlich magisch angehört hat und zum Teil auch so war. Ein paar Tage zuvor, finden im ganzen Königreich Bootsrennen statt und dann fährt die beste Mannschaft aus jeder Provinz nach Phnom Penh, um gegeneinander anzutreten. (Die Mannschaft des Premierministers Hun Sen gewinnt jedes Jahr, was ein Zufall.) Am Donnerstag besuchten Marie und ich das Bootsrennen in Pursat und es ist wirklich ein Spektakel. Samstag dann fuhren wir in die anliegende Provinz Kompong Chhnang zu einem Wasserfall. Bereits am Eingang sah es schon paradiesisch aus. Fröhliche Menschen badeten im Fluss, links und rechts säumten die klassischen Holzhäuschen auf Stelzen das Ufer. Zwischen den Stelzen werden übrigens immer Hängematten gespannt, was das ganze noch malerischer aussehen lässt. Marie und ich wollten aber den großen Wasserfall sehen und so gingen wir mit unsere Freunden Borey und Cheat durch den Dschungel den Berg hinauf. Und es hat sich ausgezahlt: wir waren allein, das Wasser war unglaublich, es lag praktisch kein Müll herum und war definitiv einer der schönsten Orte, an dem ich je war.

Gestern Abend fuhren wir dann noch nach Pursat um den letzten Abend des Bon Om Touks zu erleben: Alles war erleuchtet, die Straßen voll mit Menschen, überall war Musik. Die Buddhisten ließen erleuchtete Blumengestecke am Fluss treiben, in die sie zuvor Gebete an Indra, den Gott des Mondes, gesprochen hatten. Außerdem stiegen immer wieder Himmelslaternen in die Nacht hinauf. (Ich weiß, umwelttechnisch eine Katastrophe, aber soo schön).

Abschließend bleibt nur zu sagen, dass die Zeit gerade unglaublich schnell vergeht und es mir hier wirklich gut geht.

Heute bin ich dankbar für das Baden im Wasserfall, für Cheat, Borey und Marie und das gemeinsame Kochen

Danke fürs‘ Lesen und ich hoffe, euch geht’s auch gut!

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Von Müll und Höhlen

Hallo ihr Lieben,

Jetzt bin ich bereits sieben Wochen hier in Kambodscha und würde durchaus sagen, dass ich mich eingelebt habe. Mittlerweile hat sich ein Alltag eingestellt und auch noch ein bisschen genauer herauskristallisiert, was ich in meiner Zeit hier tun werde. Abgesehen von meiner Arbeit in der Montessorischule und manchmal mit der Women’s group habe ich mich jetzt nämlich dem Thema Nachhaltigkeit angenommen. Angefangen hat es dadurch, dass ich gefragt habe was mit dem Müll aus dem Projekt geschieht. Die Antwort: Er wird in den Wald geschmissen und teilweise verbrannt. Das hat mich natürlich schockiert, bei näherer Betrachtung aber nicht überrascht. Man muss nicht lange in Kambodscha sein, um das riesige Müllproblem zu bemerken. Trotzdem wollte und will ich unsere Situation mit dem Müll nicht einfach so hinnehmen und habe, trotz miesen Internets, Stunden damit verbracht, zum Müllproblem in Kambodscha zu recherchieren. Das Ergebnis: es gibt nur in den großen Städten Waste Management und nicht mal dort funktioniert es. Die Leute verbrennen ihren Müll oder schmeißen ihn in Flüsse, nach dem Motto „aus den Augen, aus dem Sinn“, was besonders schmerzhaft für mich ist, wenn man bedenkt, dass alle Flüsse irgendwann im Meer münden. Es gibt allerdings auch Müllsammler, die sich um einen Teil der Plastikflaschen und Dosen kümmern. Ich bin also zum frustrierenden Schluss gekommen, dass wir nicht viel an unserer Müllentsorgung im Projekt ändern können, ganz einfach, weil es keine Ressourcen dafür gibt. Was wir aber ändern können ist, wie viel neuen Müll wir produzieren. Zurzeit kommen wir beispielsweise von einem Großeinkauf vom Markt mit ungelogen 20 bis 25 Plastiksackerl wieder, was es in Zukunft zu vermeiden gilt. Und hier komme ich in Spiel.

Ich habe einige Ideen:

Das Gelände und den Fluss des Projektes von herumliegenden Müll befreien (es liegt zwar viel weniger als anderswo herum aber trotzdem zu viel)

Plastiksackerl, Strohhalme, Take away Container, Sprich Einwegplastik nicht mehr verwenden

Alles irgendwie mögliche upcyclen oder wiederverwenden

Einen Workshop für alle MitarbeiterInnen des Projekts über die Klima Krise, Nachhaltigkeit und die Auswirkungen von Müll

Regelmäßige Einheiten in der Montessorischule über environmental issues

All diese Ideen habe ich Anfang Oktober beim monatlichen Meeting vorgestellt. Mit dem Ergebnis, dass ich von dem Projektleiter Mr. Santiago zur Hauptverantwortlichen in Sachen Nachhaltigkeit ernannt wurde und mit der Erlaubnis, alles umzusetzen, was ich mir vorgestellt hatte. Da wären wir auch schon beim nächsten Punkt: die Umsetzung. Das die alles andere als einfach wird, ist mir durchaus bewusst. Wenn man bedenkt, dass es auch in Österreich genügend Leute gibt, die es scheinbar einfach nicht schaffen eine Leinentasche zum Einkaufen mitzunehmen, wird es hier in Kambodscha, wo es praktisch kein Bewusstsein für Müll und seine Auswirkungen gibt, nochmal um einiges schwieriger. Auch den Vortrag für die MitarbeiterInnen vorzubereiten ist eine echte Herausforderung für mich. So weiß ich beispielsweise nicht genau, von wie viel Vorwissen ich ausgehen kann, was zu oberflächlich und was zu detailliert ist. Dennoch bin ich gute Dinge, nach und nach, mit viel Geduld, ein paar Dinge umsetzen zu können. Es ist auch einfach ein tolles Gefühl, eine konkrete Aufgabe für mich gefunden zu haben, in der ich aufgehen kann. Meine Mission sozusagen.

Wenn ihr irgendwelche Anregungen, Ideen oder Tipps für mein Müllprojekt habt freue ich mich sehr!

Battambang

Aber genug von der Arbeit: letztes Wochenende ging es für Borey, Marie, Chheat, Soi und mich nach Battambang, wo wir ein paar Tagen mit der Familie von Borat, Boreys Bruder verbracht haben. Wir haben sehr viel unternommen, so waren wir auf Blumen- und Weinfarmen und haben einen Tempel, der sogar noch älter ist als Angkor Wat, bei Sonnenuntergang besucht. Ein Highlight war definitiv auch die Fahrt mit dem Bamboo Train. Der ist leider mittlerweile nicht mehr aus Bambus, besteht aber aus einer Holzplatte mit ein paar Sitzen, die hinten von einem einfachen Motor betrieben wird und mit der man dann ein paar Minuten auf Gleisen einen Berg entlang zischt. Ein weiteres Highlight war dann das Mittagessen auf einem schwimmenden Restaurant, strohgedecktes Dach und Hängematten inklusive. Weiter gings dann unzählige Stufen einen Berg hinauf, und die Aussicht und die Tempel oben waren den Asthma-anfall, der schon im Anmarsch war, wirklich wert. Runter gings dann nicht wieder die Stufen, sondern auf einem Trampelpfad mitten durch den Dschungel, bis wir auf einmal vor einer Höhle standen. Ein alter Mann ging mit uns hinein, erzählte mit brüchiger Stimme etwas über die Formen der Tropfsteine und führte uns zu einer Buddha-Statue tief im Inneren. Wieder draußen sahen Marie und ich uns an: Hatten wir das gerade wirklich erlebt?

Am Sonntag passierte dann noch etwas für mich sehr Aufwühlendes. Wir besuchten noch einen anderen Berg (für alle ÖsterreicherInnen einen Hügel). Dort warteten wieder Tempel, aber auch Affen, Höhlen, Mönche, jede Menge Libellen und schöne Ausblicke auf uns. Einer der Höhlen besuchten wir genauer: Die sogenannte Killing Cave. In dieser Höhle zwangen die Roten Khmer über mehrere Jahre hinweg 10.000 Menschen in den Tod zu springen. Wir bekamen eine Art Führung, die mich schlussendlich zum Weinen brachte: So waren viele Knochen nicht wirklich aufgebahrt und unser Guide hielt mir einen Knochen mit Haut hin von dem ich mich nicht schnell genug abwenden konnte. Immerhin weigerte ich mich, die Gebeine einer schwangeren Frau und ihres ungeborenen Kindes anzusehen. Das Ganze warf mich völlig aus der Bahn und die anderen waren mit meinen Tränen komplett überfordert. Marie verstand es, aber Kambodschaner haben, sicher auch durch den Buddhismus, einfach ein anderes Verständnis vom Tod und sind sicher auch an die Schrecken der Roten Khmer gewöhnt. Das war dann natürlich kein so schöner Abschluss für ein ansonsten absolut wunderbares Wochenende. Unten findet ihr übrigens viele Fotos – Khmer lieben es einfach, hunderttausend Fotos zu machen. An sich habe ich nichts dagegen, nur manchmal sehne ich mich danach an schöne Orte zu fahren, um an schönen Orten zu sein und nicht um schöne Fotos zu machen.

Heute bin ich dankbar für den Urwald, meine Freiheit in der Arbeit und die täglichen Überraschungen.

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Von Tuk Tuks und Tempeln

Hallo ihr Lieben,

heute möchte ich euch ein bisschen von meiner letzten Woche erzählen, die ich in Siem Reap verbracht habe. Die letzten Tage hatte das Pchum Ben Fest, das Fest der Vorfahren (falls es jemanden genauer interessiert hier mehr dazu: https://www.visit-angkor.org/de/2017/09/17/pchum-ben-fest-vorfahren-kambodscha/ ) seinen Höhepunkt und niemand war in meinem Projekt, da alle ihre Familien besuchten. Daher nutzten Marie und ich die Möglichkeit und fuhren mit dem Bus nach Siem Reap, um dort gemeinsam mit Matze und zwei seiner Mitfreiwilligen ein paar Tage zu verbringen. Matze ist auch Jesuit Volunteer und lebt und arbeitet für ein Jahr in Sisophon. Zu seinem Blog geht es hier: https://matthiaswind.home.blog/2019/09/07/good-morning-cambodia/

Am ersten gemeinsamen Abend in Siem Reap besuchten wir eine schöne internationale Messe und gingen dann zum Italiener essen. Marie und ich kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus: alles sah so reich und so gepflegt aus! Es gab Gehsteige, richtige Straßenbeleuchtung und im Restaurant Messer!! Bis auf die paar Stunden in Phnom Penh zu Beginn unserer Reise konnten wir bisher Kambodscha nur von seiner ärmlichen und ländlichen Seite kennenlernen. Gleichzeitig dachten wir, dass die ganzen Touristen, die meistens nur ein paar Tage in Siem Reap verbringen und dann weiter nach Thailand oder Vietnam reisen, ein völlig einseitiges Bild von diesem Land haben.

Die nächsten Tage unternahmen wir viele tolle Sachen: Wir gingen auf große und kleine Märkte, schlenderten durch Pub Street und genossen das Frühstück im Hotel, das nicht aus Reisbrei und gegrilltem Fisch bestand. Immer wieder wurden wir bei unseren Unternehmungen positiv überrascht. So wollten wir einmal einen botanischen Garten besuchen und landeten schließlich in einem Resort, das Bio und nachhaltige Produkte wie etwa Gewürzmischungen, Tees, Kosmetika und Seifen herstellt. Wir bekamen dort eine gratis Führung, konnten den MitarbeiterInnen bei den verschiedenen Arbeitsschritten zusehen und alles ausprobieren. Ein andermal buchten wir eine Guided Tour zu Kompong Phluk, eines der schwimmenden Dörfer rund um Siem Reap. Zu unserer großen Freude waren Matze, Marie und Ich die einzigen, die sich dafür angemeldet hatten und wir bekamen eine sehr persönliche Führung. Auf dem Rückweg bekamen wir von unserem Guide dann eine richtig spannende Geschichtsstunde und redeten über die politische Lage in Kambodscha. Dazu werde ich auch einmal einen Blogeintrag schreiben. Beim Besuch des Dorfes selbst kamen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus; die Vorstellung wie die Menschen die unzähligen Häuser mitten im Wasser gebaut hatten faszinierte mich. Wir fuhren mit unserem Boot durch einen schwimmenden Wald (alle die mich kennen, wissen, dass die Kombination aus Bäumen und Wasser fast schon zu viel für mich war), hielten bei einer Krokodilfarm (leider vieeel zu kleine Käfige ☹) und landeten anschließend am Tonle Sap, dem größten See Südostasiens. So schön es war, so fühlte sich der Besuch doch seltsam an. Fotografierten wir nicht einfach die Häuser der Leute? Fühlten sie sich nicht wie Tiere im Zoo wenn die bunten Booten riesige Zahlen an Touristen mitsamt ihren (Handy)kameras ausspuckten? So wie in Kompong Phluk fühlten Matze, Marie uns Ich unsere gesamte Zeit in Siem Reap. Wir waren gekommen um ein Jahr hier zu leben, auf Augenhöhe mit den Menschen und fühlten uns in der Rolle der Touristen ein wenig unwohl. Also probierten wir, „achtsame“ Touristen zu sein: Wir bedeckten immer Schultern und Knie, machten von unseren bisherigen Khmer-Kenntnissen Gebrauch, zogen, wie wir es von Pursat gewohnt waren, in Geschäften unsere Schuhe aus und verwendeten die gleiche Tuk Tuk App wie die Locals. Die Reaktionen waren oft ein angenehm überraschtes Lachen und wir fühlten uns gleich ein wenig wohler. Am Donnerstag standen Marie und Ich dann um 4:20 auf, um vor Sonnenaufgang nach Angkor Wat zu fahren. Die Stadt Angkor ist vieeeel größer als nur der bekannteste Tempel Angkor Wat. Den besuchen nämlich jeden Tag unzählige Touristen von der Westseite aus um Sonnenaufgangsfotos zu machen. Wir waren auch dort, aber an der Ostseite und hatten daher den gesamten Tempel samt Sonnenaufgang fast für uns allein. Weiter ging es für uns zu Fuß, nicht mit Moto, Auto oder Bus, wie es die meisten anderen machen. Wir waren zwar langsamer, konnten aber deshalb Angkor ganz anders erleben: wir gingen auf Trampelpfaden im Dschungel zu den verschiedenen Tempeln, hatten schöne Plätze für uns allein und kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Vorstellung, mit welch einfachen Mittel die Tausenden Arbeiter diese Monumente geschaffen hatten, haute mich, kurz gesagt, komplett um. Einer der bekanntesten Tempel ist der Ta Prohm, auch Dschungeltempel genannt. Marie und ich sind nichtsahnend über ein paar Steine geklettert und standen auf einmal inmitten der Tempelanlage. Ich habe selten etwas so absolut beeindruckendes gesehen: Riesige, uralte Bäume verwenden die Tempel als Spielplatz. Die Wurzeln liegen offen und sehen aus wie Tentakel eines riesigen Tiefsee Tintenfischs. Lianen schlingen sich um die Steine und überall fliegen Schmetterlinge umher. Das einzige, das die Magie dieses Ortes massiv stört, sind die Menschenmassen. Genauer: chinesische Touristengruppen. Die machten zum Teil Fotos mit Marie und mir, wenn sie nicht von Baum zu Baum hetzten um nach einem Foto weiter zu rennen. Dennoch fanden Marie und ich einen Platz inmitten der Tempel und Bäume, an den sich für 5 Minuten niemand verirrte. Diese paar Minuten werde ich immer in Erinnerung behalten.

Nach einer Woche voller Entspannung, Staunen, TukTukfahrten und schönen Begegnungen hatten Marie und ich überrascht festgestellt, schon Sehnsucht nach unserem Zuhause (!) und den Menschen hier zu haben. Umso netter war es, noch die restlichen Feiertage mit Vanny, Borey und ein paar anderen zu verbringen, bevor morgen wieder die Arbeit losgeht.

Heute bin ich dankbar für die Bäume in Angkor, die Ergebnisse der Nationalratswahl und meine Freunde hier.

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Von Lemon Grass und Klimawandel

Hallo ihr Lieben,

Heute möchte ich euch ein bisschen von dem Alltag erzählen, der sich langsam bei mir einstellt und einige Gedanken mit euch teilen.

Nach dem Frühstück (meistens Reis) geht es um acht mit der Arbeit los. Das bedeutet für mich vormittags, dass ich in der Montessorischule arbeite. Entweder übersetze ich Dokumente vom Deutschen ins Englische oder helfe der Lehrerin Siny und den beiden Lehrerassistentinnen dabei, kaputte Materialien zu reparieren. Um Punkt 12 gibt es Mittagessen (wieder Reis, Fleisch und Gemüse) und dann ist Mittagspause bis halb 2 oder 2. Nachmittags habe ich vergangene Woche mit den Frauen der Women’s Group gearbeitet. Jeden Tag waren wir auf dem Hof einer anderen Bäuerin und haben ihr geholfen Reis zu pflanzen. Das ist zum Teil ziemlich anstrengend, vor allem wenn es heiß ist. Trotzdem macht es mir Spaß, einerseits weil die Frauen so unglaublich fröhlich sind und andererseits finde ich es spannend, mehr über die Pflanzen hier zu lernen. Außerdem gehe ich zum ersten Mal in meinem Leben über einen längeren Zeitraum einer körperlichen Arbeit nach, da ich die letzten 12 Jahre ja „nur“ in der Schule gesessen bin. Die Feldarbeit ist also eine neue Erfahrung für mich und ich bin dankbar, dass ich sie machen darf. Sie lässt mich noch mehr Respekt für Bäuerinnen und Bauern empfinden, egal ob in Kambodscha oder Österreich. Um 5 ist Arbeitsende und bis 6 ist dann Freizeit, die viele zum Sport machen nutzen. Ich bin ehrlicherweise nach der Arbeit am Feld oft zu müde dafür. Nach dem Abendessen (richtig getippt, wieder Reis) haben Marie und ich noch Khmer Unterricht. Dann sind die Pflichten für den Tag vorbei und nach etwas tratschen und tanzen mit meinen Mitbewohnerinnen und Marie falle ich meistens schon um 9 ins Bett.

Letzte Woche waren Marie und ich mit beim Gottesdienst. Der wird, da die Kirche in Pursat gerade renoviert wird, in einer Schule gefeiert, die von koreanischen Schwestern geführt wird. Auch der Priester kommt aus Korea und hat uns nett begrüßt. Der Gottesdienst dann war natürlich auf khmer, genauso wie die Lieder. Deshalb habe ich natürlich nichts verstanden. Das und der Fakt, dass in einem Neonlicht erleuchtetem Raum auf dem Fußboden gefeiert wurde, führten dazu, dass es sich für mich nicht wirklich wie ein Gottesdienst angefühlt hat. Aber die Lieder waren schön und als Marie und ich uns kurz vorstellen sollten, hatten die SchülerInnen der Schule eine kleine Überraschung für uns. Sie gaben uns selbstgebastelte Papierblumen, ein oranges Wollarmband, mit buddhistischer Bedeutung und haben ein englisches Lied für uns gesungen, was mich berührt hat.

Was ich in meiner kurzen Zeit hier auch bereits beobachten konnte, ist, dass die Bäuerinnen und Bauern hier schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen sind. Manche konnten ihren Reis bisher nicht pflanzen, da es eine Dürre gab. Erst jetzt kommt langsam der Regen – normalerweise ist die Regenzeit von Mai bis Oktober. Man hat uns auch gesagt, dass zwei Wochen vor unserer Ankunft noch alles hier in Croap braun war. Nur wenige Kilometer weiter jedoch haben starke Überschwemmungen den frisch gepflanzten Reis sterben lassen. Letzte Woche haben wir einige Bauern in umliegenden Dörfern besucht, die auch die SRI-Methode anwenden. Mir ist dabei klar geworden, dass es einen riesen Unterschied macht, ob man in Österreich über den Klimawandel redet oder vor dem zerstörten Feld einer armen Bäuerin steht. Denn arm sind die Menschen hier, besonders am Land. Und Kambodscha leidet wie viele andere arme Länder besonders stark unter den Folgen des Klimawandels.

Ähnlich wie in meinem letzten Blogpost will ich auch heute ein bisschen über Hautfarben reden, ganz einfach, weil dieses Thema hier omnipräsent ist. Am Donnerstag waren wir auf einer Art Ausstellung/Markt, bei der Bioprodukte präsentiert wurden. Das ist hier etwas richtig Besonderes. Auch wir waren dort mit unserem Reis vertreten. Ihr glaubt nicht wie viele Fotos mit Marie und mir gemacht wurden! Oder auch von uns, und sie denken wir merken es nicht. Ganz einfach, weil AusländerInnen hier so ein seltener Anblick sind. Oder die Frauen bei der Feldarbeit – wie schockiert sie waren, dass Marie und ich nicht komplett vermummt daher gekommen sind. Aber wieso sollten wir – uns ist es schließlich egal, ob wir braun werden, kein sozialer Druck ist für uns mit Sommerbräune verbunden. Außerdem sagen sie uns oft, dass wir schön sind. Aber finden sie uns schön oder unsere Haut? Gestern hat Vanny zu mir gesagt: „You are a simple girl. You don’t care if somebody is black or white.” Kurz davor hat sie ungläubig gelacht, als ich ihr gesagt habe, dass ich auch dunkelhäutige Menschen schön finde. Es ist manchmal so frustrierend, weil sie einfach nicht glauben können, dass sie trotz ihrer dunkleren Hautfarbe ehrlich schön sind. Trotzdem werde ich nicht aufhören, es ihnen zu sagen, vielleicht lassen sie es irgendwann ein bisschen zu und lachen nicht mehr ungläubig.

Heute bin ich dankbar für die Mopedfahrten, das Tanzen mit den Mädels, das Lemongrass anpflanzen und Drachenfrüchte.

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Von CROAP und Karaoke

Hallo ihr Lieben,

Mittlerweile bin ich nun schon einige Tage in meinem Projekt und dachte, dass es an der Zeit wäre euch ein bisschen mehr darüber und meine erste Zeit hier zu erzählen.

Das Projekt namens CROAP (Center for Research on optimal agricultural practices) liegt etwa 20 Minuten mit dem Auto von dem Städtchen Pursat in der gleichnamigen Provinz entfernt. Es ist ein recht großes Gelände mit mehreren Häusern, einer Montessorischule, einer Holzkapelle, einem Volleyball- und einem Fußballfeld, einem Essensplatz, einigen Gästehäusern und viel Grün. In Croap laufen einige Projekte parallel: Einerseits gibt es die Women’s Group: Eine Gruppe von Reisbäuerinnen bekommt hier Koch- und Serviceunterricht, da bald ein Café auf der ein paar Autominuten entfernten Demonstration Farm eröffnet werden soll. Auf der Demonstration Farm wird die SRI (System of Rice Intensification) Methode getestet. Diese Methode verzichtet anders als beim herkömmlichen Reisanbau auf jegliche Chemikalien und gibt den Reispflanzen mehr Platz zum Wachsen. Das bedeutet mehr Ertrag, aber auch mehr Arbeit. In Croap und auf der Demonstration Farm wird mit hiesigen Bäuerinnen und Bauern über die Methode gesprochen, es werden Kurse gehalten und Selbsthilfegruppen gegründet, um den Zusammenhalt der Bäuerinnen und Bauern zu stärken. Jeder soll hier jedem helfen. Parallel zum ökologischen Reisanbau, dem Café und der Women’s – und Farmers Group soll außerdem das Gelände so hergerichtet werden, dass man es bald als Retreat Center in der Natur anbieten kann. Das Gelände an sich ist schon wunderschön (siehe Fotos unten), aber es müssen noch einige Dinge etwas optimiert und aufgehübscht werden. So sollen beispielsweise Blumen gepflanzt, Häuser angestrichen und repariert oder etwa neue Wege angelegt werden. Und genau hier kommen Marie und ich ins Spiel. Gerade sind Schulferien und deshalb werde ich erst im November anfangen, auch in der Montessorischule mitzuarbeiten. Bis dahin helfe ich ausschließlich dabei, das Gelände zu verschönern und beim Reisanbau zu helfen.

Genau das habe ich schon die letzten Tage gemacht. Am Mittwoch kamen Santiago, Marie und ich am Vormittag in Croap an und wurden anschließend herumgeführt und konnten unsere Sachen auspacken. Am Abend spielten wir dann gemeinsam mit den Mitarbeitern Volleyball, gespickt mit vielen „You, Sister!“s ihrer- und mehr oder weniger guten Leistungen unsererseits. Am Donnerstag ging es auch schon los: Ich hab den Frauen der Womens Group geholfen ein großes Blumenbeet anzulegen, was in Kombination mit der Temperatur und Hitze schon ganz schön anstrengend war. Doch die Gartenarbeit machte trotzdem Spaß, da die Frauen viel lachten, tanzten und kambodschanische Musik hörten. Auf einmal war ein bekanntes Lied zu hören: „Lieblingsmensch“ von Namika. Meine Mitbewohnerin Vanny hatte es eingestellt: „Now you live here too, sister“.

 Am Freitag sind wir dann zum Markt nach Pursat gefahren, was nochmal eine Erfahrung für sich war. Einerseits wieder der Verkehr (mittlerweile kann ich meinen MaM-Counter = Menschen am Moped Counter, auf 4 hochstufen) und andererseits der Markt selbst: Er war absolut riesig, manche Stände außerhalb, doch die meisten innerhalb einer großen Markthalle. Alles war zu kaufen: frische Früchte, Fleisch und Snacks aber auch Kleidung, Schmuck, Hygieneartikel, Spielzeug, Decken etc… Auch die unterschiedlichsten Gerüche gab es, manche gut, manche kaum auszuhalten. Und die Blicke. Marie und ich waren die einzigen Weißen und das sorgte für Aufmerksamkeit. Wertende, neugierige, vielleicht auch ein wenig neidische Blicke. Neidisch auf die Farbe unserer Haut. In den paar Tagen, die ich erst hier bin drehte sich das Gespräch schon oft um Hautfarben. Khmer Frauen wollen nämlich um keinen Preis dunkel sein. Die allgemeine Wahrnehmung ist, dass wer eine dunkle Hautfarbe hat, in der Sonne am Feld arbeiten muss, sprich vom Land kommt und deshalb arm ist. Dunklere Haut bedeutet dann anscheinend schlechtere Chancen, sowohl in der Karriere als auch in der Liebe. Am Markt haben dann zwei Mädchen sogar Selfies mit uns gemacht, die eine das Gesicht mit Makeup heller geschminkt, als es eigentlich war. Auch das machen hier viele Frauen, oder gehen nur mit hochgeschlossener Kleidung aus dem Haus. Oder benutzen whitening creams oder halten die Arme beim Mopedfahren so, dass die Innenseiten nach oben zeigen. Oder… Nur meine Mitbewohnerin Borey nicht. Sie mag ihre Haut und möchte nichts an ihr ändern. Und ich finde sie und ihre Haut schön.

Schön war auch der gestrige Tag, den wir bei einer Familie aus der Gegend verbringen durften. Am Wochenende hat nämlich jeder frei und in Croap ist nichts los. So fuhren wir mit den hier heißgeliebten Mopeds vormittags über winzige Trampelpfade in die absolute Pampa, wo uns die Familie (die Eltern arbeiten beide in Croap) schon begrüßte. Das Haus war klein, mit Wellblech als Dach, Erde als Boden und einem Klo, das nur ein Loch im Boden war. Wenn ich zu Hause gesehen hätte, dass jemand so wohnt, wäre ich sehr bestürzt gewesen, aber hier ist das normal. Und wie ich festgestellt habe, habe ich mich ziemlich schnell daran gewöhnt. Dann war es auch schon so weit und wir fingen an zu kochen. Es gab Reis (wie immer), Huhn, Rind, Gemüse, Obst und kambodschanisches Bier, das mir erstaunlich gut schmeckte. Außerdem habe ich zum ersten Mal in fast zwei Jahren wieder Fleisch gegessen. Es war ein richtiges kleines Festmahl, und alle waren bester Laune. Ich war ziemlich erstaunt, als ich gesehen habe, dass der Mann einen Verstärker, einen riesigen Lautsprecher und ein Mikrofon anschleppte. Bald schon wurde abwechselnd mit viel Herzblut unter freiem Himmel Karaoke gesungen. Das kam mir irgendwie surreal vor, mitten in der kambodschanischen Pampa am Boden zu sitzen, zwischen Kühen, lieben Menschen deren Sprache ich nicht verstehe und hunderten von Fliegen und Karaoke zu singen, ganz ähnlich wie im Musikunterricht in der Schule. Aber surreal oder nicht, ich nahm alles in mich auf und werde den Tag als wunderschön in Erinnerung behalten. Auf dem Rückweg war ich von einer tiefen Dankbarkeit erfüllt.

Heute bin ich dankbar für das Karaoke singen, den Regen und die wunderschöne Natur hier.

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Von Koi und Kühen

Hallo ihr Lieben,

Jetzt bin ich noch nicht mal 24h in Kambodscha und habe trotzdem schon das Bedürfnis hier von meiner Reise und meiner Zeit in Phnom Penh zu erzählen. Kleiner Disclaimer: dieser Eintrag ist etwas länger

Angefangen hat alles am Sonntag, dem 1. September indem ich noch eine schöne Zeit mit meiner Familie verbracht habe, die mir das Weggehen gleichzeitig schwerer und leichter gemacht hat. Ich werde alle sehr vermissen, weiß aber, dass sie mir nahe sind, auch wenn die halbe Welt zwischen uns liegt. Danach fuhren meine Eltern mit mir zum Flughafen nach Wien und nach dem Abschied saß ich auch schon bald in meinem Flieger nach Bangkok. Neben mir saß ein Doktor aus Thailand, ein Herr namens Wii-Chang, mit dem ich bald ins Gespräch kam, da er gerade einen Arztkongress in Graz besucht hatte und, wie er sagte, extrovertiert war. Dies bewies er mir kurz darauf, indem er mich den während des Abflugs ein bisschen volllaberte. Das hatte allerdings den Vorteil, dass ich gar nicht die Möglichkeit hatte, mich zu fragen, was ich mir eigentlich dabei gedacht hatte, ein Jahr wegzugehen. So abgelenkt und dem entsprechend entspannt verbrachte ich also meinen Flug. Am Flughafen in Bangkok, half mir Wii-Chang außerdem den Weg zu finden (hier ein kleines shoutout). Bald saß ich also im Flieger von Bangkok und Phnom Penh und erlebte zum ersten Mal, vielleicht überhaupt, wie es war die Minderheit zu sein: im Flieger waren außer mir vielleicht noch drei, vier andere weiße Personen. Ein ungewohntes Gefühl.

Als ich schließlich aus dem Flughafen kam, wartete bereits Santiago, ein Spanier und mein Projektleiter, sowie die Luftfeuchtigkeit auf mich. Auffallend waren auch die vielen Muslime und Musliminnen am Flughafen, die scheinbar auf Verwandte warteten. Auffallend deshalb, weil Muslime in Kambodscha eigentlich eine Minderheit sind und richtige Menschentrauben die Straßen verstopften. Die Frauen trugen alle Hijabs, in allen Farben des Regenbogens und mit schillernden Steinen geschmückt.

Die nächste Erfahrung, die ich gemacht habe, war der Verkehr. Der ist hier der absolute Wahnsinn, jeder fährt irgendwie, sichtbare Regeln gibt es keine. Man hupt, wenn man überholen will und damit man nicht überfahren wird, Fußgänger sind ein seltener Anblick. Trotz allem gewöhnt man sich ziemlich schnell an die Fahrweise und es dauerte nicht lange, da waren wir in der richtigen Nachbarschaft angekommen: Ein bisschen heruntergekommen, Wellblechhäuser stehen hier neben welchen aus Beton und Müll liegt herum. Aber auch viele Pflanzen, vor allem Palmen wachsen hier und hin und wieder schmückt eine Hollywoodschaukel den Hauseingang. Außerdem auffallend: Die Werbungen für „Ganzberg – premium german beer“ (Tipp: ist nicht deutsch) und die gefühlt Millionen Stromkabel, die hier in der Luft hängen. Hier also liegt „Prieb So“, die Kommunität der Jesuiten in Phnom Penh, in der ich heute geschlafen und den Vormittag verbracht habe. Heute in der Früh hat mich eine Mischung aus Vogelgezwitscher, Straßenlärm, zirpenden Grillen, Kinderrufen, Hahnengeschrei und Gebetsrufen (von einem Muezzin oder einer der buddhistischen Pagoden weiß ich nicht), geweckt. Ungewohnt, aber definitiv besser als ein Handywecker.

Beim Frühstück gab es unter anderem „Real fresh milk from european farms“ wahlweise auch aus Kanada, Neuseeland oder Australien, wie ich mir hab sagen lassen. So multikulti wie das Essen am Frühstückstisch sind auch die BewohnerInnen und Gäste des Hauses; heute haben hier Menschen aus Kambodscha, Vietnam, Thailand, Südkorea, Japan, Deutschland, Spanien, Frankreich und Österreich geschlafen. Nach dem Frühstück hat mir Thomas, ein Deutscher, der bereits seit drei Jahren hier in der Jesuitenmission lebt und arbeitet eine Hausführung gegeben. Er hat mir freundlicherweise viel über Kambodscha erzählt. Danach hab ich mich mit einem Japaner unterhalten, von dem ich dachte, dass er ein Jesuit in Ausbildung sei. Es stellte sich heraus, dass es ein Psychologiestudent war der einfach noch keinen Plan hat, was er jetzt machen möchte. Sympathisch irgendwie.

Dann lernte ich Marie kennen, meine Mitfreiwillige für die nächsten drei Monate. Sie kommt aus Frankreich, ist 22 Jahre alt und studiert Landwirtschaft. Sie wird auch in CROAP leben, aber auf der ein bisschen entfernten Demonstration Farm arbeiten. Thomas ging mit Marie und mir in das „Craft Peace Café “. Dieses Café wird von den Jesuiten betrieben, um dort die Gegenstände zu verkaufen, die Menschen mit körperlicher Behinderung in einem anderen Projekt der Jesuiten, Banteay Prieb, herstellen. Von wunderschönen Schnitzereien bis zu selbstgenähten Kromas ist alles dabei. Leider muss das Café wahrscheinlich bald zu sperren, da sie Verluste machen.

Wieder zurück in Prieb So haben wir die Koifische im Gartenteich gefüttert und dann gab es Mittagessen. Als Nachspeise gab es Früchte die ich noch nie gesehen geschweige denn gegessen hab und sie haben köstlich geschmeckt. Ich habe der Köchin, da sie kein Englisch spricht, ausrichten lassen, dass es gut geschmeckt hatte, und sie antwortete, dass ich schöne Zähne hätte. Sie hat übrigens keine.

Nach eine kurzen Siesta ging es dann für Santiago, Marie und mich, nachdem wir uns für die liebe Gastfreundschaft der wirklich freundlichen Menschen dort bedankt hatten, weiter nach K. Chhang, wo wir heute übernachten werden. Auf der Fahrt hierher sind mir einige Dinge aufgefallen: Wir sind entlang des tonle sap rivers vorbei an Straßenständen und Häusern aus Wellblech vorbeigefahren, an Pagoden und imposanten Bankgebäuden, an Häusern auf Stelzen, manchmal mit Hängematten dazwischen. Vorbei an leuchtenden Reisfeldern, kleinen Pagoden in gold, grün und rot sowie unzähligen Bierwerbungen für „german premium beer“. Vorbei an den Massen an Müll, der hier überall liegt und den Straßenhunden, den Hühnern und den abgemagerten weißen Kühen, die darin nach etwas Essbarem suchen. Und mir zieht‘s das Herz ein bisschen zusammen.

Jetzt bin ich also hier, und morgen fahren wir nach Pursat zu meinem Projekt, dem Ort, an dem ich ein Jahr leben und arbeiten werde.

P.S. Ich habe mir vorgenommen, jeden Eintrag mit etwas zu beenden wofür ich dankbar bin, also: Ich bin dankbar für die freundlichen Menschen hier und die Gastfreundschaft die ich bereits erfahren durfte. Ich bin dankbar für die fremden Früchte, das Koifischfüttern und Marie. Außerdem bin ich dankbar für die Möglichkeit, diese Erfahrungen machen zu dürfen.

P.P.S. ich weiß, dass war ein langer Eintrag, aber ich hatte einfach sehr viele Eindrücke zu verarbeiten.

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„Baba“

Herzlich willkommen zu meinem ersten Eintrag!

Ich will euch ein bisschen erzählen, wie ich meine letzten Wochen vor dem Abflug noch zu Hause verbracht habe.

Mitte Juli hatte ich das große Glück, ein paar Tage in Passau bei jener Frau zu verbringen, die „mein“ Projekt in Kambodscha mitgegründet hat: Irmgard Paulik. Ich durfte sie zwei Tage in die Ilztalschule (https://www.ilztalschule.de/) begleiten, in der ich Montessori-Materialien und -Pädagogik ein bisschen kennenlernen konnte. Das war insofern hilfreich, da in dem Soriya Learning Center, bei dem ich mitarbeiten werde, auch mit Montessoripädagogik gearbeitet wird. Zudem hatte ich die einmalige Chance, Irmgard mit Fragen zu Kambodscha und dem Projekt zu löchern. Im Jänner wird sie mit einigen ihrer Schülerinnen und Schüler das Projekt besuchen und ich freue mich jetzt schon!

Von Passau aus ging es weiter nach Nürnberg zum letzten Vorbereitungsseminar. Es war wie immer schön die anderen Mitfreiwilligen und die Betreuerinnen wiederzusehen und noch einige wichtige Impulse vor der Ausreise zu bekommen. Die abschließende Abschlussfeier war auch sehr schön und ich war überrascht wie sehr mir der Abschied von den anderen nahegegangen ist; eigentlich hatten wir uns nur ein paar Mal gesehen, aber ich denke, dass uns die Vorbereitungen auf das nächste Jahr einfach nahegebracht haben.

Die JesuitVolunteers 2019/20

Am Tag nach meiner Rückkehr aus Nürnberg ging es für mich gleich weiter zum Pfadfinderlager nach Rovinj wo ich eine schöne Zeit mit meinen Freundinnen und Freunden verbracht habe, baden, klettern und Lagerfeuer inklusive.

Lagerfeuer am Pfadilager

Wieder zu Hause in Graz ging es mit den finalen Vorbereitungen los, ab und zu unterbrochen von Treffen mit FreundInnen und Zeit mit der Familie. So ein Auslandsjahr ist dann doch ein großer organisatorischer Aufwand und ständig tauchten noch Dinge auf, die erledigt oder besorgt werden wollten.

Letzten Freitag feierte ich dann gemeinsam mit einer lieben Freundin von mir unsere gemeinsame Geburtstags/Abschiedsparty, da wir beide 18 geworden sind und sie in eine andere Stadt zieht um dort zu studieren. Es war sehr schön so viele Leute noch ein letztes Mal zu sehen und gemeinsam einfach nochmal Spaß zu haben.

Jetzt sind es nur noch 5 Tage zu meiner Abreise und die Zeit bis dorthin werde ich noch mit meinen FreundInnen, meiner Familie und Khmer lernen verbringen.

Ich blicke meiner Abreise zwar mit gemischten Gefühlen entgegen, aber die Vorfreude überwiegt eindeutig. Die Zeit ist auch einfach reif; noch länger will und kann ich mich nicht mehr vorbereiten. Ich bin bereit.

Baba, Graz. Ich werd dich vermissen!

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